Positives Tiertraining: Was ist das eigentlich genau?
„Ein Leckerli als Belohnung: Beim Tiertraining auf der Basis positiver Verstärkung wird der Hund belohnt, wenn er das erwünscht Verhalten zeigt.“
Foto: Igor Vetushko/Deposit

Positives Tiertraining: Was ist das eigentlich genau?

Erstellt von:
Inga Wolter Inga Wolter

Petmos unterstützt Tiertrainerinnen und Tiertrainer, die auf der Basis positiver Verstärkung arbeiten. Hier erklären wir dir, was genau das bedeutet. Welche Methoden kommen beim Positiven Tiertraining zum Einsatz und was sind die Vorteile für Hund und Mensch?

Beim Tiertraining gibt es viele verschiedene Ansätze und Methoden. Petmos setzt sich für die Tiertrainerinnen und Tiertrainer ein, die auf der Basis positiver Verstärkung arbeiten. Positive Verstärkung – das mag für viele, die sich mit dem Thema noch nicht auseinandergesetzt haben, kompliziert und abstrakt klingen.

So kompliziert ist es aber nicht. Tiertrainerin Kirsten Berger ist Vorsitzende des Internationalen Berufsverbandes für Hundetrainer und Hundeunternehmer (IBH). Der IBH steht für eine gewaltfreie, wissenschaftlich fundierte Ausbildung und einen respektvollen Umgang mit dem Team aus Mensch und Hund. Wir haben mit Kirsten Berger über Positives Tiertraining, seinen Sinn und die Methoden gesprochen.

Ein Beispiel für Positives Tiertraining

Positive Verstärkung beim Tiertraining bedeutet, dass das Tier belohnt wird, wenn es das erwünschte Verhalten zeigt. „Positiv bedeutet also erst einmal: Ich gebe etwas hinzu“, erklärt Kirsten Berger. Das kann eine Belohnung, also etwas Positives, in der Form eines Leckerlis sein, ein Lob oder eine Streicheleinheit. Ein Beispiel mitten aus dem Tieralltag hat die Hundetrainerin auch parat: Hunde fressen oft Unrat oder versuchen es zumindest.

„Bevor mein Hund überhaupt damit anfängt, kann ich mit ihm ein Signal trainieren“, sagt Kirsten Berger. „Ich kann zum Beispiel ,Lass es' sagen und eine Handvoll Kekse auf den Boden legen. So lernt er, dass er eine Belohnung bekommt, wenn ich ,Lass es' sage.“ Am besten sei es, das Signal in neutralen, ablenkungsarmen Situationen zu trainieren und es in immer anderen Situationen möglichst oft zu wiederholen und den Hund so auf den „Ernstfall“ vorzubereiten. „So lernt er auch das Signal, sich zu mir zu orientieren, anstatt Unrat zu fressen.“

Keine körperliche und psychische Gewalt

Ein anderer Ansatz wäre, das Tier zu bestrafen, also zum Beispiel zu erschrecken oder Angst zu erzeugen. Das lehnt die Hundetrainerin ab: „Ein Hund versteht nicht, dass er etwas nicht darf. Wenn ich ihn also strafe, ist das unangenehm für ihn, er weiß aber nicht, was los ist.“ Ein Hund denke nicht in den Kategorien „Das ist erlaubt“ und „Das ist verboten“. Die positive Verstärkung sei der tierschonendere und freundlichere Weg, einen Hund zu erziehen. „Ich wähle also die Methode, die den Hund am wenigsten belastet“, unterstreicht Kirsten Berger.

Dazu gehört es, gewaltfrei zu arbeiten, also sowohl auf körperliche als auch psychische Gewalt zu verzichten. „Einen Hund mit einem Körperblock zu stoppen – das ist für uns im IBH Gewalt“, sagt Kirsten Berger. Leinenruck falle für den Verband ebenfalls unter körperliche Gewalt. Grundlage für den IBH sei, das Tier als Lebewesen zu sehen und es so anzunehmen, wie es ist, die Bedürfnisse des Hundes zu sehen und ihm nichts aufzuzwingen. „Als Mensch habe ich allein die Möglichkeit, den Hund im Alltag zu unterstützen.“ Das bedeute auch: „Ich habe als einzige hohe Verantwortung für das Tier.“

Diese Methoden kommen zum Einsatz

Ziel des Positiven Tiertrainings ist, die Beziehung zwischen Tier und Mensch zu stärken, Vertrauen aufzubauen, gewünschtes Verhalten zu festigen und dabei Spaß zu haben. Das gilt für Hund und Trainer. Trainingsmethoden nutzen bestimmte Signale, zum Beispiel das Lass-es-Signal oder ein Umorientierungssignal – etwa ein Schnalzen, das den Hund von einem nicht erwünschten Verhalten abhält und zum Menschen umorientiert.

Besonders bekannt als positive Trainingsmethode ist das Clickertraining. Dabei benutzt der Trainer oder die Trainerin einen Clicker oder ein Markerwort, mit dem das erwünschte Verhalten zeitgenau und auf den Punkt verstärkt wird. Der „Click“ oder das Markersignal funktioniert dabei als sekundärer Verstärker, das dem Tier sagt, das es eine Sache richtig gemacht hat und eine Belohnung folgen wird.

"Nur positiv geht auch nicht"

Auch im positiven Tiertraining wird unerwünschtes Verhalten unterbrochen. „Nur positiv geht auch nicht“, erklärt Kirsten Berger. „Denn natürlich schränken wir unsere Hunde durch die Leine oder das Weglassen von Belohnung ein.“ Auch hier helfe es, Abbruchsignale auf Basis positiver Verstärkung zu trainieren.

Was macht einen guten Tiertrainer aus?

Wie findest du nun einen Tiertrainer oder eine Tiertrainerin, die auf der Basis positiver Verstärkung arbeitet und zu deinem Hund passt? „Man kann einen Trainer wählen, der Mitglied im IBH ist“, sagt Kirsten Berger. „Wir sind ein guter Filter, weil alle neuen Mitglieder vor der Aufnahme einen Fragebogen zu ihren Trainingsmethoden beantworten müssen.“ Neben dem IBH gibt es weitere Verbände, in denen sich Trainer zusammengeschlossen haben, die auf der Basis positiver Verstärkung arbeiten, zum Beispiel der Berufsverband für Hundeerzieher/innen und Verhaltensberater/innen (BHV).

Diese Punkte können dir auch weiter helfen:

  • Du kannst dir vor Ort einen Eindruck von der Hundeschule verschaffen. Dabei kannst du beobachten, wie der Trainer arbeitet. Achte darauf, wie er reagiert, wenn der Hund unerwünschtes Verhalten zeigt. Verhält der Trainer sich dominant oder respektlos, entscheidest du dich besser gegen diese Hundeschule.

  • Du kannst dir die Qualifikationen des Trainers anschauen. Bildet er sich regelmäßig weiter? Kleine Einschränkung: Für Laien sind die Qualifikationen nicht immer leicht einzuordnen, weil man dazu ein Wissen über Ausbildungen und Abschlüsse mitbringen muss.

  • Einfacher ist es vielleicht, dir Bewertungen im Internet durchzulesen oder dich mit anderen Kunden der Hundeschule, Tierärzten oder Tierschutzvereinen über ihre Erfahrungen auszutauschen.

  • Du kannst schauen, ob der Trainer seine Methoden individuell für die Bedürfnisse deines Tieres anpasst. Auch merkst du, ob er ein Interesse und Verständnis für dich als Tierhalter hat.

  • Du kannst beobachten, wie dein Hund auf Dauer auf den Trainer reagiert. Wenn dein Hund generell Menschen und der Umwelt gegenüber ein offener Hund ist und er zeigt mit der Zeit ein unterwürfiges Verhalten oder versucht, den Trainer zu meiden, ist das ein Alarmsignal.

  • Ein weiteres Alarmsignal ist laut Kirsten Berger, wenn eine Hundeschule damit wirbt, dass sie ausschließlich mit Positivem Training arbeitet. Denn schon durch das Einschränken oder Stoppen mit der Leine bewegen wir uns nicht im Bereich positiver Verstärkung.

  • Grundsätzlich gilt: Jedes Tier hat eine andere Persönlichkeit und einen anderen Hintergrund: Hunde, die aus schwierigen oder traumatischen Situationen stammen, können sehr herausfordernd sein. Manchmal muss das Training individuell auf die Bedürfnisse und Probleme des Tieres angepasst werden.

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